Am Freitag, den 14. Oktober war es soweit. Die Elisabeth-Selbert-Schule (ESS) feierte ihr 100jähriges Bestehen. 

Der offizielle Teil mit geladenen Gästen (Ehrengästen, ehemaligen Kollegen und Schulleitern, der IHK Darmstadt, Agentur für Arbeit, Vertretern sozialpädagogischer Einrichtungen und Ausbildungsbetrieben, Diakonisches Werk, Freunden und Förderern) fand ab 11 Uhr statt.

Es gab Rückblicke und Ausblicke zu den verschiedenen Stationen der Schule. Maria Späh – ehemalige Lehrerin an der ESS – führte erfrischend durch das Programm.

Foto: Hannelore NowackiFoto: Hannelore NowackiNach der Begrüßung durch den kommissarischen Schulleiter Martin Gonnermann gab es Ansprachen von Schulamtsleiterin Susann Hertz aus Heppenheim, Heinz Klee für den Kreisausschuss, Bürgermeister Gottfried Störmer sowie Sandra Oettrich für den Förderverein der ESS.Grieser 1Foto: Daniela Grieser

Susann Hertz lobte die Leistungen der Schule und betonte, dass es nicht selbstverständlich sei, wie die Schule durch die Coronazeit gekommen ist. Heinz Klee bestätigte: „Landrat und Kreisausschuss sind stolz auf diese Schule“ und Bürgermeister Gottfried Störmer komplettierte die Laudatio mit den Worten: „Das schulische Angebot in Lampertheim werde durch die Elisabeth-Selbert-Schule vervollständigt, das mache ‚uns stolz‘.“ Sandra Oettrich bedankte sich im Namen des Förderkreises für alle Spenden, die der Schule oder einzelnen Schülern direkt zugutekommen.

Unter dem Motto: ESS – ein Blick zurück, ein Blick nach vorne“ präsentierte Martin Gonnermann, die Geschichte der Elisabeth-Selbert-Schule in Dekaden. Vor 100 Jahren lernten in der Lampertheimer Berufsschule junge Menschen in Fachklassen das Handwerk des Bäckers, Metzgers, Kaufmanns, Elektrikers, Metallarbeiters, Bauhandwerkers oder Friseurs. Heute bietet unsere Schule zahlreiche Bildungsgänge und Abschlüsse an, die das moderne Spektrum der Wirtschaft und heutigen Berufswelt widerspiegelt. Martin Gonnermann schloss seine Rede mit den Worten: „Dieser Schule wird es immer darum gehen, junge Menschen in ein sicheres und selbstbestimmtes Leben zu führen. Wenn wir alle zielorientiert zusammenarbeiten, leisten wir alle einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität im Kreis Bergstraße. Ich wünsche der ESS eine glückliche Zukunft.“

Der frühere Schulleiter Karl-Wilhelm Bauer, ...

...der 1967 an die Schule kam erinnerte an Geschehnisse wie z. B. Hochwasser, Raucherlehrerzimmer, Matrizendruck und Schreibmaschinenunterricht. Ins Gedächtnis rief er auch die schönen jährlichen Schulfeste für Schüler und Lehrer mit Musik. „Da wurde es oft so laut, dass der Hausmeister schimpfend aus der Wohnung kam und die Lehrkräfte zur Ordnung rief“ beendete er schmunzelnd seine Ansprache.

Das aktuelle S7D2A0376.jpgFoto: Daniela Grieserchulleitungsteam gab Statements zur Gegenwart und Ausblicke in die Zukunft der ESS und Schule allgemein. Stefanie Richter (Abteilungsleiterin Wirtschaft und Verwaltung) sieht es als zentrale Aufgabe des Unterrichts, Schülern zu ermöglichen, sich persönlich und beruflich mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Sie weist aber auch darauf hin, dass die Coronakrise uns gezeigt hat, wo die Grenzen der Digitalisierung liegen. Lernen gelingt besser, wenn Interaktion vor Ort stattfindet, alle Sinne benutzt und alle Kommunikationsmöglichkeiten eingesetzt werden. Sie spricht sich für „Blended-Learning-Systems“ aus: eine sinnvolle Kombination aus Präsenzlernen an der Schule und E-Learning von einem beliebigen Ort aus.

Stephanie Schwan (Abteilungsleiterin Sozialwesen und Ansprechpartnerin Mittelstufenschule) weist darauf hin, dass die ESS den Fachkräftemangel im Blick hat. Seit 2019 bietet die Schule eine praxisintegrierte und vergütete Ausbildung von Erziehern an. Das ist ein neues Modell, mit einem hohen Anteil an Kooperationspartnern aus der Praxis. Staatlich anerkannte Erzieher erhalten den Titel „Bachelor Professional im Sozialwesen“. Natürlich wird auch die klassische Ausbildung weiter angeboten, da es viele Träger gibt, die nicht nur in der frühkindlichen Bildung beschäftigen, sondern in dem großen Feld der Kinder- und Jugendhilfe. „Als Berufsschule haben wir generell die Aufgabe, junge Menschen für Berufe zu interessieren. Wir müssen Erfahrungsräume schaffen, in denen sie sich ausprobieren können, um berufliche Aspekte kennenzulernen, um für sich eine berufliche Orientierung zu finden“ so Stephanie Schwan.

Bei Jürgen Ende, stellvertretender Schulleiter, laufen alle Fäden der Schule zusammen. Er hebt hervor, wie wichtig Projektarbeit für Schule ist, Maßnahmen von außen, Kooperation mit anderen. Ihm ist es wichtig, Schüler in die Lage zu versetzen, sich auszuprobieren, an ihren Aufgaben wachsen zu können. Besonders wichtig ist ihm die Maßnahme „Löwenstark“. Das Programm mit den unterschiedlichsten Kooperationspartnern wie Universitäten, Stiftungen, Bildungsträgern, Vereinen und Verbänden trägt zu einem breit gefächerten Angebot an schulischen und außerschulischen Möglichkeiten bei. Als besonders gelungenes Beispiel führt Jürgen Ende das BASF-Projekt von Inge Reger an. Die Lehrerin eröffnete unter dem Motto: „Wir lernen voneinander, Jeder hilft jedem“ und „Jeder arbeitet im Rahmen seiner Möglichkeiten“ einen reichen Schatz an Erfahrungen zum Thema Klimaschutz. Sie band Kinder, Senioren und Blinde und Flüchtlinge im Rahmen ihrer Fähigkeiten, Möglichkeiten und Sprachkenntnisse in das Projekt ein und die BASF unterstütze das Projekt mit einer 5stelligen Summe.

Als besonderen Ehrengast begrüßte Martin Gonnermann die Enkelin der Namensgeberin, Susanne Selbert, die wie ihre Großmutter ihre politische Heimat in der SPD hat. Die 62jährige Landesdirektorin des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen war aus Kassel angereist, wo auch Elisabeth Selbert lebte (1896 - 1986). Dass im Grundgesetz, Artikel 3 der Satz "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" steht, geht auf das politische Engagement von Elisabeth Selbert zurück, die als gewähltes Mitglied im Parlamentarischen Rat dafür geworben hatte. 

Nowacki2Foto: Hannelore Nowacki

Zeit ihres Lebens habe sie den Menschen, Männern und Frauen, Mut machen wollen für ein selbstbestimmtes Leben, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, darüber berichtete Susanne Selbert. Bei ihren Enkeln habe sie das Demokratieverständnis gefördert, mit der Wirkung, dass alle Enkel gesellschaftlich engagiert seien. Tolerant und mutig sei ihre Großmutter gewesen, mit einer gehörigen Portion Optimismus.

Im anschließenden Interview mit den Schülern Kezia Belz und Robin Wroblewski berichtete Susanne Selbert darüber, dNowacki3Foto: Hannelore Nowackiass sich ihre Großmutter mit Frauenrechten befasste, nachdem sie selbst erfahren musste, dass Mädchen und Frauen schon in der Schulbildung benachteiligt  waren. Für den Besuch der Mittelschule habe sie kein Abschlusszeugnis erhalten, nur eine Bestätigung des Schulbesuchs habe es gegeben, da naturwissenschaftliche Fächer den Jungs vorbehalten waren.

Auch bei Jurastudium und Promotion erlebte sie die geschlechtsbezogene Benachteiligung. Die volle gesetzliche Gleichberechtigung hat Elisabeth Selbert nicht mehr erlebt. Wie würde sie wohl heute die Lage sehen? Die Enkelin denkt: "Sie wäre halbzufrieden".

Susanne Selbert äußerte – gefragt nach ihrer Sicht auf das Thema Gleichberechtigung in der heutigen Zeit – dass sie es wichtig fände, eine geschlechtergerechte Besetzung der Parlamente zu haben, denn nur so käme Gleichberechtigung auch weiter zum Ziel. Außerdem würde sie die Kinderrechte mit in die Verfassung aufnehmen, ebenso das Recht auf Bildung.

Im Anschluss an das packende InNowacki5Foto: Hannelore Nowackiterview fand die Enthüllung einer Bronzetafel statt, die Elisabeth Selbert zeigt. Bürgermeister Gottfried Störmer überreichte diese Tafel als Geschenk der Stadt Lampertheim an die Elisabeth-Selbert-Schule. Das vom Künstler und Stadtrat Bernhard Hossner gestaltete Kunstwerk soll in der Schule einen würdigen Platz erhalten. "Sie ist es eindeutig" lobte Susanne Selbert das Denkmal.

 

 

 

 

Mit diesem bewegenden Akt endete der offizielle Teil und die Schule präsentierte nun die vielfältig gestalteten Mitmachtstationen und Infostände, die die Klassen in vielen Stunden der Vorbereitung ausgearbeitet haben.

07 20221014 102234Foto: Jutta EschelbachBei einem Gleichstellungspuzzle konnte man sein Wissen in Bezug auf die verschiedenen Stationen der Gleichberechtigung prüfen. Ab wann benötigten Frauen zum Beispiel nicht mehr die Erlaubnis des Ehemanns, um arbeiten zu gehen? Oder: Ab welchem Jahr dürfen Ehepaare auch den Nachnamen der Frau als Familiennamen festlegen?

 

 

 

 

 

 

Nowacki7Foto: Hannelore NowackiIm Foyer der Schule war eine Skulptur mit Autoreifen in Pink aufgebaut und es gab ein Bobbycar-Rennen für Erwachsene. Hier ging es ums Einparken, was Frauen angeblich nicht so gut können.

 

 

 

 

 

 

In einem Klassenzimmer waren mehrere Stationen zum Thema „Was ist typisch männlich, was ist typisch weiblich?“ aufgebaut. Es gab Quizfragen, ein Video, eine volle Spielzeugkiste sowie eine Fotoauswahl.Nowacki14Foto: Hannelore Nowacki

 

 

 

 

 

 

 

Bei einer Tombola konnte man tolle Gewinne erhalten, die von vielen Lampertheimer Geschäften gespendet wurden. Der stolze Erlös der Tombola von 1.638,50 € wird an die 7D2A0535.jpgFoto: Daniela GrieserMädchenschule K02 20221014 101427Foto: Jutta Eschelbachhadigram e. V. gespendet. Auch der Erlös aus dem InteA-Kaffee von 52,55 €, aus dem Kuchenverkauf von 346,91 €, Spenden am Stand der Mädchenschule von 222,14 € und Direktspenden auf das Spendenkonto von 350,00 € fließen in die Gesamtsumme ein, die an den Verein Khadigram e. V. gespendet wird. Zum Verein Khadigram e. V. gab es einen Informationsstand mit verschiedenen Stellwände, die darüber informierten, wie junge Mädchen und Frauen mithilfe des Vereins in Indien alphabetisiert werden. An den Schulen des Vereins sollen Mädchen aus Familien der „Kastenlosen“ und Stammesangehörige eine Bildungschance erhalten. 

 

 

 7D2A0520Foto: Daniela GrieserIn einem Escape-Room konnten die Teilnehmer testen, wie gut ihr Kombinationstalent ist. Sie mussten es schaffen, in einer bestimmten Zeit Rätsel zu lösen und Codes zu knacken, um den Raum wieder zu verlassen.

 

 

 

 

 

 

Die Letterbox lud zu einer modernen Schnitzeljagd ganz ohne Kompass ein. Die Funktionsweise eines elektronischen Würfels konnte begutachtet werden und bei einem Sinnesparcours konnte man testen, welcher Sinn wie gut ausgeprägt ist.Nowacki9Foto: Hannelore Nowacki

 

 

 

 

 

 

 

 

Nowacki6Foto: Hannelore NowackiDie Schülervertretung gestaltete einen Infostand und verdeutlichte, wie vielfältig die Schüler an der ESS hinsichtlich Herkunft, Kultur, Religion usw. sind und wie das Thema Gleichberechtigung nicht am Thema Geschlecht Halt macht, sondern an der Schule weitergedacht wird.

 

 

 

 

 

 

Bei der Ballonaktion „Dein Wunschballon“ konnte jeder Teilnehmer eine Postkarte mit „Wünschen für die Schule“ beschriften und an einen Ballon hängen. Um 13:55 Uhr wurden dann alle Ballons im Innenhof der Schule fliegen gelassen.7D2A0582Foto: Daniela Grieser

 

 

 

 

 

 

 

In der Turnhalle gab es verschiedene Bewegungsangebote und im Eingangsbereich konnte man sich in einem Gästebuch verewigen und Erinnerungsfotos schießen. 

7D2A0546Foto: Daniela GrieserDie InteA-Klasse gestaltete ein Kulturcafé mit landestypischen Speisen und kulturellen Einblicken in die Herkunftsländer der Schüler.

Für das leibliche Wohl sorgten eine Grillstation, ein Kaffee- und Kuchenverkauf sowie eine Tiefkühltruhe mit 300 Eisspenden der Firma Langnese.

 

 

 

 

 

7D2A0637Foto: Daniela GrieserDie Schulband „ElSbethS“ war für die musikalische Unterhaltung zuständig und heizte mächtig ein. Es machte viel Spaß zuzuhören, was man unschwer an den mittanzenden Beinen der Zuhörer erkennen konnte. Die Schulband spielte ab 14 Uhr zusammen mit Matthias Karb von der Lampertheimer Musiker Initiative. Herr Karb ist dort zuständig für Piano, Technik und Coaching. Das musikalische Programm rundete die Feier hervorragend ab.

 

 

 

 

Viel zu schnell neigte sich der Tag dem Ende zu. Es war ein gelungenes Fest mit vielen Highlights, das uns mit all seinen Facetten noch lange begleiten wird. Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden, die das Fest unvergesslich gemacht haben.

 

Textauszüge mit Erlaubnis teilweise übernommen von: Hannelore Nowacki, TIP-Verlag, 19. Oktober 2022 (Siehe Originalartikel als PDF-Datei)

ergänzt von: Jutta Eschelbach, Elisabeth-Selbert-Schule-Lampertheim